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Tome 66 Fascicule 2 (N° 9-20) Août 1959

REVUE SUISSE DE ZOOLOGIE

ANNALES

DE LA

SOCIETE SUISSE DE ZOOLOGIE

ET DU

MUSEUM D’HISTOIRE NATURELLE DE GENÈVE

MAURICE BEDOT

fondateur

PUBLIEE SOUS LA DIRECTION DE

EMILE DOTTRENS Directeur du Muséum d’Histoire naturelle de Genève

AVEC LA COLLABORATION DE

HERMANN GISIN Conservateur des arthropodes

et

EUGENE BINDER Conservateur des invertébrés

GENEVE IMPRIMERIE ALBERT KUNDIG 1959

REVUE SUISSE DE ZOOLOGIE

Tome 66. En cours de publication.

Pages Ne 4. E. Dorrrens. Systématique des Corégones de l’Europe occidentale, basée sur une étude biometrique. Avec 12 figures et 16 tableaux dans le texte 1 2. Georges Dugois. Revision des Cyclocoelidae Kossack 1911 (Free Avec 11 figures et 5 tableaux dans le texte . . . 67 No 3. V. Kiortsis. Développement de la crête chez la femelle aa an on endocrines et deviation du nerf.) Avec 1 tableau et 4 heures dans le HOSS eae 149 Ne 4. G. PILLERI. Ontogenese aa Gercbralisation beim Bine (Castor ande Kuhl). Mit 5 Textabbildungen . . . 165 Ne 5. Robert MATTHEY. Formules names fe ‘Mariano Ch ie Spalaciiee La question du polymorphisme chromosomique chez les Mammiféres. Avec 70 figures dans le texte . . . . 175 6. Bruno BécLI. Das tubo-uterine Ventil bom iGoldnaretce “Mit 18 Text- abbildungen . . . 211 Ne 7. Chusaburo SHOHO. Sur j'identité des Filaires sous- anne: aim. Bar (Meles meles L.) de Suisse. Avec 3 figures dans le texte. . . . 229 8. Chusaburo SHoHO. Die Setarien vom schweizerischen Reh, Capreolus capreolus. Mit 7 Textabbildungen . . . 233 9. G.'AnDERS und H. Ursprune. Bildung von Pigmentschollen im Auge von Drosophila melanogaster nach experimenteller Schädigung der Imaginal- anlagen. Mit einer Textabbildung . . 259 Ne10. Carl BADER. Das gestörte en an rare hei ine, Mit 3 Textabbildungen . . . 266 Neii. H. BurLa und M. GREUTER. Vv ch ne tion ee von pre ee subobscura und Drosophila obscura. Mir 4 Textabbildungen . . 272 No 12. CHEN. Trennung der Blutproteine von Drosophila- und Culex-Larven E Starke-Gel-Elektrophorese. Mit 4 Textabbildungen . . . . 280 13. E. Ernst. Beobachtungen beim Spee der Nasutitermes-Soldaten. Mit 1 Textabbildung . . . 289

N°14. Ilse FAULHABER und Pierre ant, Das Verhalten der freien Anne im Verlauf der normalen und gehemmten Regeneration bei Tubularia. Mit 3 Textabbildungen . . . 295 15.. Hans-Rudolf HAEFELFINGER. Rene sur È ds nanas an desta de quelques Glossodoridiens COINS Dee); Avec 8 figures dansrlestexier a Ber ; - : 309

N°16. H.-J. HusseL. La pression sanguine ie sys creme veineux mine de Vaile de la Roussette Eidolon helvum Kerr CMocrocharapiera): Avec

2 figures dans le texte 72 7 - 315 17. H. Miszix. Uber die zentralnervöse (Osio ioni der Reel

(Salmo fario) wahrend der Dottersackperiode. AE Lokalisierungs-

versuche.) Mit 7 Textabbildungen . . . 4 324 Ne 18. Marcus von ORELLI. Uber das Schlüpfen von re ie. Sepia offici=

nalis und Loligo vulgaris. Mit 8 Textabbildungen . . . 330 19. H.SAGEssER und M. Ltiscuer. Uber die Orientierung der Lae yon Riano

noceraea micans Kl. (Irisblattwespe). Mit 3 Textabbildungen . . . . 343 20. Pierre TARDENT. Capture d’un Abudefduf saxatilis vaigiensis Q. und G.

(Pisces, Pomacentridae) dans le Golfe de Naples. Avec 2 figures dans le

EX BB o> tr DI E MON a

Prix de l’abonnement : Suisse Fr. 60.— Union postale Fr. 65.—

(en francs suisses)

Les demandes d'abonnement doivent être adressées à la rédaction de la Revue Suisse de Zoologie, Muséum d'Histoire naturelle, Genève

RE VUE SU SiS: BE DIR ZOO OG DST) Tome 66, n°5 9 à 20. Juillet 1959

COMMUNICATIONS FAITES A L’ASSEMBLEE GÉNÉRALE DE LA SOCIÉTÉ SUISSE DE ZOOLOGIE, TENUE A LAUSANNE LES 7 ET 8 MARS 1959

MITGETEILT AN DER GENERALVERSAMMLUNG DER SCHWEIZERISCHEN ZOOLOGISCHEN GESELLSCHAFT IN LAUSANNE DEN 7. UND 8. MArRz 1959

Communications qui seront publiées dans une autre revue: Mitteilungen, die in einer anderen Zeitschrift veröffentlicht werden :

Bargetzi, J.-P. (Neuchätel): Les coregones du lac de Neuchatel, cytologie et dosage de DNA.

Hauschteck, E. (Zurich): Uber die Cytologie der Parthe- nogenese und der Geschlechtsbestimmung bei der Gallmiicke Oligarces paradoxus Mein.

Mangold-Wirz, K. et v. Orelli, M. (Bale): Die Blasto-

kinese von Octopus vulgaris.

Weber, R. (Berne) et Baell, Edgar (Newhaven): Zur biochemischen Kennzeichnung von Mitochondrien- populationen bei verschiedenen Entwicklungsstadien von Xenopus.

Rev. Suisse DE Zoou., T. 66, 1959. 18

No 9. G. Anders und H. Ursprung, Zürich. Bildung von Pigmentschollen im Auge von Drosophila melano- gaster nach experimenteller Schädigung der Imaginal- anlagen. (Mit einer Textabbildung.)

Aus dem zoologisch-vergl.-anatomischen Institut der Universität Zürich +.

Herrn Prof. Dr. Hans Steiner zum 70. Geburtstag.

EINLEITUNG UND PROBLEMSTELLUNG

Die Augenfarbstoffe von Drosophila melanogaster lassen sich zwei Substanzgruppen zuordnen: die roten Pigmente sind Pterine (Vıscontinı, Haporn und Karrer, 1957), die braunen gehören zu den Ommochromen (vgl. Kühn, 1956). Über Genetik und Pathologie der Ommochrombildung sind zahlreiche Einzelheiten bekannt. So wird bei vielen Mutanten der lozenge Pseudoallelgruppe, deren Hauptmerkmal eine komplexe Augen- missbildung ist (Literatur bei ANDERS, 1955), Ommochrompigment in Gestalt grober, karminroter Schollen abgelagert, deren Volumen ein Vielfaches der normalen Pigmentgranula betragen kann. Wie diese Konkrementbildung in den Augen der lozenge Mutanten zustandekommt, ist bisher nicht bekannt.

Nun lassen sich solche Ommochrom-Ablagerungen experimentell auch in den Malpighischen Gefässen herbeiführen, die normaler- weise keine Ommochrompigmente enthalten (URSPRUNG, GRAF und ANDERS, 1958). Im Anschluss an diese Beobachtung stellte sich die Frage, ob experimentell im Auge der Wildfliege die Bildung ab- normer Ommochrom-Konkremente ausgelöst werden könne. Damit würde ein weiterer Beitrag zum Verständnis des lozenge Manifes- tationsmusters geleistet.

1 Herrn Prof. Dr. E. Haporn sind wir für die grosszügige Förderung unserer Arbeit sehr zu Dank verpflichtet.

ND D S

G. ANDERS UND H. URSPRUNG

MATERIAL UND METHODE

Wir verwendeten für unsere Versuche den Wildstamm Sevelen und einen vermilion Stamm. Augen-Imaginalscheiben verpuppungs- reifer Larven wurden nach der bei URSPRUNG, GRAF und ANDERS (1958) für Malpighische Gefässe beschriebenen Methode in vitro mit kurzwelligem UV bestrahlt und anschliessend in gleichalte Larven implantiert. In einigen Versuchsserien wurde eine Augen- anlage von 12 h alten Puppen unmittelbar nach der Kopf-Aus- stülpung von der Seite her in situ bestrahlt; dazu musste das Pupa- rıum über der Augenscheibe entfernt werden. In einer weiteren Versuchsanordnung teilten wir larvale Augenscheiben in vitro durch parallele Einschnitte mit Wolframnadeln in 5—6 schmale Gewebe- streifen auf, die alle durch die unversehrt gelassene Antennenanlage in Verbindung blieben. Diese mechanisch geschädigten Imaginal- scheiben implantierten wir ebenfalls in Wirtslarven. Für die mikroskopische Untersuchung wurden die Implantate resp. die in situ bestrahlten Augen nach der Metamorphose in 0,9% NaCl zu Quetschpräparaten verarbeit. Einige Objekte fixierten wir in Carnoy’scher Flüssigkeit und schnitten sie nach Einbettung in Paraffin (7—10 u).

ERGEBNISSE

Aus früheren Untersuchungen an verschiedenen Allelen der Mutante lozenge wussten wir, dass die Menge des abnormen Pig- mentes je nach Expressivität des Allels stark schwanken kann, wobei starke Allele zahlreiche und grosse Ommochromschollen auf- weisen, bei schwächeren Allelen hingegen nur einzelne Körner zu finden sind (Anpers, unveröffentlicht). Im Auge der Wildform konnten jedoch bei zahlreichen Stichproben nie abnorme Konkre- mente gefunden werden. Dementsprechend werteten wir bei der vorliegenden Untersuchung die Feststellung von mindestens einer klar abgrenzbaren Pigmentscholle in einem behandelten Auge als positiven Befund. Nicht selten waren behandelte Augen mit zahl- reichen Konkrementen durchsetzt. Es war jedoch nicht das Ziel der Arbeit, das Ausmass dieser Schwankungen quantitativ zu er- fassen. Unsere Ergebnisse sind in der Tabelle S. 263 zusammen- gestellt.

BILDUNG VON PIGMENTSCHOLLEN 261

Die Pigmentschollen sind im Gegensatz zu den gelben bis zinnoberrroten normalen Pigmentgranula leuchtend karminrot. Ihre Form ist unregelmässig kantig. Der Durchmesser beträgt meist ein bis mehrere u. Die häufig auftretenden Agglomerate von Schollen sind entsprechend grösser. Vorläufig haben wir keine Anhaltspunkte dafür, dass die Schollen durch Zusammenballung normaler Pigmentgranula entstehen würden. Die Tatsache, dass sie ab und zu als längliche, geometrisch klar abgegrenzte, kristall- ähnliche Gebilde auftreten, spricht gegen eine Herkunft aus nor- malen Pigmentgranula. Sowohl im frischen Quetschpräparat, als auch auf Schnitten fanden wir die Pigmentschollen mitten unter normalen Pigmentgranula. Es ist deshalb anzunehmen, dass sie genau wie in den Malpighischen Gefässen intrazellulär entstehen. Eine andere Entstehungsweise lässt sich jedoch nicht ausschliessen.

a) UV-bestrahlte Imaginalscheiben (Versuchsserie A, Tab. S. 263, Abb. 1).

Meist erfolgte hier eine Reduktion des pigmenthaltigen Augen- teils auf 1/3 bis 1/10 des Volumens eines unbehandelten Implan- tats. Die Schädigung durch Bestrahlung beschränkt sich aber nicht auf das Pigment. Auch die Chitinstrukturen werden betroffen. Die wenigen Fazetten, die wir beobachten konnten, waren selten gut ausgebildet; meist fehlten die Fazettenborsten. Die Rhabdomeren waren häufig verkürzt oder fehlten. Das Gesamtbild des geschädig- ten Auges ähnelt sehr dem Phänotypus starker lozenge Allele.

Von 44 implantierten Augenscheiben entwickelten 43 normales rotes Pigment; in 26 dieser pigmentierten Implantate wurden neben normalen Farbstoffgranula Pigmentschollen gefunden. Ein einziges Implantat entwickelte nur Chitinstrukturen (Tab. S. 263, A).

b) in situ bestrahlte Augen junger Puppen (Serie E).

Die allgemeine Morphologie der Schädigung entspricht den soeben beschriebenen Befunden bei behandelten Imaginalscheiben. Da durch die Bestrahlung der Puppen ausser der Augenanlage auch mehr oder weniger grosse benachbarte Zellbereiche getroffen wer- den, sind alle Tiere schlüpfunfähig und müssen zur Untersuchung aus dem Puparium herauspräpariert werden. Der Tod erfolgt

262 G. ANDERS UND H. URSPRUNG

nicht selten auf dem Bestrahlungsstadium vor jeglicher Ausfarbung. Unsere Daten beziehen sich auf diejenigen Tiere, die nach voll- standiger Entwicklung untersucht wurden.

Von 29 sezierten Tieren fanden wir bei 21 abnorme Pigment- schollen. Die Zahl der Schollen war durchwegs kleiner als bei den larval bestrahlten Organen.

ABB. 1.

Mikrophotographie eines Quetschpraparates der Versuchsserie A. F, Fazettenchitin; nP, normale Pigmentgranula; S, Pigmentschollen. Vergrösserung ca. 1000 x.

c) Weitere Behandlungsergebnisse (Serie D).

Von unseren Versuchen an Malpighischen Gefässen her wussten wir, dass ein einfaches mechanisches Trauma die Bildung von Ommochrompigment bewirken kann. Die Befunde an einigen nach der auf S. 260 angegebenen Weise aufgeteilten Imaginalscheiben bestätigen diese Ergebnisse. Alle 6 behandelten Implantate bildeten ansehnliche Mengen von Pigmentschollen.

BILDUNG VON PIGMENTSCHOLLEN 263

Auch die Behandlung von Augen-Imaginalscheiben mit alka- lischem Trypsin führt zur Pigmentschollen-Bildung. (Wir sind Herrn Prof. Dr. Haporn für die Überlassung dieses unveröffent- lichten Befundes zu Dank verpflichtet.)

TABELLE.

Versuchsanordnungen und Ergebnisse. n, Anzahl untersuchte Implantate

resp. in situ bestrahlte Augen. In Serie E kamen nur solche Augen zur

mikroskopischen Untersuchung, die bei schwacher Binokularvergrösserung sichtbar pigmentiert waren (29).

Implantate| davon mit Wirt n mit Pigment- Pigment schollen

Behandlung

Serie | Spender der Implantate

A > 10-15 Min. UV + 4A 43 26

B v 10-12 Min. UV v 26 29 0 LC o 10 Min. UV + 14 7 5)

D | mechanische a 6 6 6 | Schadigung

E Bestrahlung von pupalen + Augen 29 (29) 21

in situ, 1—20 Min. UV

d) Die Natur der pathologischen Pigmentschollen (Serien B und C).

Durch die Kombination des Gens vermilion (v) mit dem Faktor lozenge wurde bereits gezeigt, dass die lozenge-Pigmentschollen Ommochromnatur haben (Anpers, 1955). Dasselbe wurde für die Schollen der traumatisierten Malpighischen Gefässe nachgewiesen (URSPRUNG, GRAF und ANDERS, 1958).

Um diese Verhältnisse im Rahmen unserer Experimente abzu- klären, bestrahlten wir v Augenscheiben und implantierten sie sowohl in 9, als auch in Wildwirte. Bei 7 » Implantaten, die in Wildwirten Pigment des Wildtyps entwickelten, fanden wir in 5 Fallen gut ausgebildete Pigmentschollen. Bei 26 ¢ Implantaten, die zur Kontrolle in » Wirte verpflanzt wurden, fanden wir in keinem einzigen Fall abnorme Schollen. Die Unterschiede zwischen Serie B und C sind mit y? = 11 stark gesichert (p < 0,001), die- jenigen zwischen den Serien A und B mit y? = 12 (p < 0,001).

264 G. ANDERS UND H. URSPRUNG

Auf Grund dieser Befunde diirfte die Ommochromnatur der Pigmentschollen als erwiesen gelten.

DISKUSSION

Die strenge Trennung im Schädigungsmuster der Mutante lozenge zwischen Pigmenten der Pterin- und der Ommochromreihe ist ein besonders auffallendes biochemisches Phin (Anvers, 1955). Aus unseren friiheren Untersuchungen an Malpighischen Gefassen geht hervor, dass sich Anomalien im Ommochromstoffwechsel mit unspezifischen Mitteln hervorbringen lassen (URSPRUNG, GRAF und ANDERS, 1958). Die vorliegenden Versuche zeigen nun, dass, wenn beide Pigmente im Augengewebe dem gleichen experimentellen Trauma ausgesetzt werden, in erster Linie die Ommochromgruppe mit leicht erfassbaren Anomalien reagiert. Diese Befunde ent- sprechen dem für lozenge charakteristischen Wirkungsmuster.

Die Gleichartigkeit der Reaktion auf verschiedenartige Agen- tien (UV, mechanisches Trauma, Fermenteinwirkung) deutet darauf hin, dass die experimentell ausgelöste Bildung von Pigmentschollen im Auge auf relativ einfache und unspezifische Weise zustande- kommt. Die Tatsache, dass Pigmentschollen inmitten von nor- malen Pigmentgranula und ohne äussere Beziehung zu ihnen ent- stehen können, lässt vermuten, dass auch im Augenbereich Om- mochrom unabhängig von den Pigmentträgern entstehen kann. Dies steht für die Malpighischen Gefässe bereits fest und scheint auch im Bereiche der Hoden möglich zu sein (GOLDSCHMIDT und Haporn, 1959).

Die experimentelle Entstehung von Ommochrom lässt sich jedoch nicht beliebig verwirklichen. Wie wir bei den Versuchen mit der Mutante vermilion feststellen konnten, müssen dazu ganz bestimmte genphysiologische Voraussetzungen erfüllt sein.

Wenn wir von unseren Befunden auf die Wirkungsweise des lozenge Gens rückschliessen, können wir annehmen, dass die Bildung von Ommochromschollen im lozenge Auge kein direktes Produkt der Genaktivität darstellt, sondern als ein von der primären Gen- wirkung eventuell erheblich entferntes Merkmal aufzufassen ist. Im Zusammenhang mit anderen Befunden (Anpers, 1955) lässt sich nun allmählich eine Hierarchie der Phäne im lozenge Wirkungs- muster aufstellen.

BILDUNG VON PIGMENTSCHOLLEN 265

SUMMARY

1. Wildtype larval eye discs of Drosophila melanogaster, when irradiated with UV-light and transplanted into + hosts, form dark red purple pigment masses in addition to the normally present hight red granules.

2. When vermilion was used both as donor and host, no pigment masses were detected, whereas vermilion discs formed the masses in + hosts. It is concluded that the additional pigment is an ommochrome.

3. The formation of the red masses is not a specific result of UV irradiation. It was also observed after mechanical damage.

LITERATUR

ANDERS, G. 1955. Untersuchungen über das pleiotrope Manifestations- muster der Mutante lozenge-clawless (12°! ) von Drosophila melanogaster. Z. Vererb. 87, 113-186.

GOLDSCHMIDT, E. and E. Haporn. 1959. Host-transplant interactions in biosynthesis of Drosophila pteridines. J. Embryol. Exp. Morphol. (im Druck).

Künn, A. 1956. Versuche zur Entwicklung eines Modells der Genwirkun- gen. Naturwiss. 43, 25-28.

Ursprung, H., G. E. GRAF und G. Anpers. 1958. Experimentell aus- geloste Bildung von rotem Pigment in den Malpighischen Gefässen von Drosophila melanogaster. Rev. Suisse Zool. 65, 449-460.

ViscontINI, M., E. Haporn und P. Karrer. 1957. Fluoreszierende Stoffe aus Drosophila melanogaster: die roten Augen- farbstoffe. Helv. chim. Acta 40, 579-585.

266 C. BADER

No 10. Carl Bader, Basel. Das gestörte Geschlechts- verhältnis bei Hydracarınen. (Mit 3 Textabbildungen.) Naturhistorisches Museum Basel.

In der umfangreichen Hydracarinenliteratur finden sich immer wieder Angaben, die auf ein gestörtes Geschlechtsverhältnis ge- wisser Arten hinweisen. So hat O. LunpBLap erst kürzlich für das Auftreten der Männchen folgende Prozentzahlen angegeben:

ebertia zscholcken II Hajerobaies jlupratilis RL MEN We Protziaznugosa ee ee ce ime) O A Aturus.scaber”.. Se sms nee, Feltria rubra. ER NOR A Sperchon dentieulatus a ee TO

Es handelt sich dabei um die Verwertung eines grossen Materials, das der schwedische Forscher im Laufe einiger sommerlichen Sam- melreisen in mitteleuropäischen Bächen gefangen hat. Seine An- gaben decken sich weitgehend mit den Befunden meiner eigenen Sammeltätigkeit (Julifänge) im Schweizerischen Nationalpark. Aus dem noch nicht vollständig bearbeiteten Material kann ich hier schon die folgenden Ergänzungen geben:

Sıpenchon. slandulosus 2 tt Se SE DIRES Lebertia@ zschokke Ro, RC SSA Hydrovolziasplacophora, Ri TCURUG UOTE. O as RE EN ONOR A SIP ChCOTU VLolaceus re 98% ieltniasseligena a ee DIO A

Das gestörte Geschlechtsverhältnis ist durch die Untersuchung einer grossen Anzahl bestimmter Wassermilben sicher unbestritten, und so drängt sich hier die Frage auf, wie diese Störung zu erklären sel.

Eine erste Abklärung ergab die gründliche Erforschung von etwa 20 Gebirgsbächen des Nationalparks. Hier konnte zunächst

GESTORTE GESCHLECHTSVERHALTNIS BEI HYDRACARINEN 267

bewiesen werden, dass das gestörte Geschlechtsverhältnis einiger Arten im ganzen Bachverlauf, also von der Quelle bis zur Ein- mündung in den Hauptfluss, gleichmässig auftritt. Weiter zeigte sich die Tatsache, dass die beiden Geschlechter auch sonst keine bevorzugten Stellen in den Bächen aufsuchen. Im Moos, in den Algen oder unter den Steinen war die Verteilung von $ und 9 immer ungefähr die gleiche. Einzig bei den Nymphen schien es, als ob diese noch nicht geschlechtsreifen, körperlich schwächeren Tiere das Moos in der etwas schwächeren Strömung bewohnen.

Einige Zufallsbeobachtungen im Laufe mehrerer Jahre ver- anlassten mich, eine jahreszeitliche Untersuchung durchzuführen. Im Kiental (B. O.) fand sich auf 1000 m Meereshöhe ein Bach mit nahezu idealen Bedingungen: konstante Wasserführung, geringe Temperaturdifferenzen während des Jahres und ein reichlicher Moosbewuchs gaben die Grundlage für eine intensive Erforschung des Problems.

Ich liess mir in regelmässigen Abständen eines Monats eine etwa 10-litrige Moosprobe auf schnellstem Wege nach Basel schicken, wo ich spätestens 20 Stunden nach der Entnahme das Moos gründ- lich auswaschen konnte. Die noch immer lebhaften Wassermilben wurden herausgesucht und in der Kornıke’schen Flüssigkeit kon- serviert. Eine oberflächliche Kontrolle der Tiere ergab den ersten Befund, dass gegen 7000 Hydracarinen in ca. 16 Arten vertreten waren. Von diesen wurde die in 4466 Exemplaren vorhandene Art Sperchon glandulosus Koenike einer ausführlichen Untersuchung unterworfen: jedes Tier wurde nach der Geschlechtsbestimmung in seiner Länge gemessen, die Farbtönung notiert und bei ge- schlechtsreifen Weibchen die Anzahl der reifen Eier im Körperinnern festgestellt. Dabei wurden die folgenden Resultate gewonnen:

Aus Abbildung 1 geht deutlich hervor, dass das Geschlechtsver- hältnis im Laufe eines Jahres einer auffallenden Schwankung unter- worfen ist. Im Januar sind die ¢ gleichstark mit den 9 vertreten. Die relative Zahl der $ nimmt bis März auf ca. 25% ab, dann steigt sie im Mai wieder auf 50%, um sich im Laufe der nächsten Monate bis auf 60% zu erhöhen. Erst gegen Ende des Jahres fällt die Zahl wieder auf 50%.

Um den zweiten Teil dieser Kurve zunächst erkären zu können, ist es notwendig, die Auswertung der einzelnen Monatsbefunde zu betrachten. Bis zum April sind bei beiden Geschlechtern die Vertei-

268 C. BADER

lungskurven nach Grösse und Anzahl gleichmässig. Diese werden vom Mai an gestört. Zuerst erscheinen die juvenilen, kleinen und hellen g. In Abb. 2 zeigt sich dies als Störung in der Verteilungs- kurve der 3, wo die juvenilen Tiere zwischen 650 und 850 u, die adulten zwischen 850 und 1150 u zu finden sind. Der Kurvenverlauf der © bleibt normal (900—1250 u). Im Juni treten schon recht viele juvenile 3 auf, aber erst nur einige wenige vereinzelte junge 9, die erst ab Juli in verstärkter Zahl zu bemerken sind. Die & der

ABB. 1. Sperchon glandulosus, Geschlechtskurve beim g.

neuen Generation sind also den © um ca. 2 Monate voraus, was sich im Ansteigen der männlichen Geschlechtskurve auswirken muss, denn diese erhöht sich bis zum August auf ca. 60%. Erst von diesem Monat an macht sich der verstärkte Nachschub der © bemerkbar, und da ab September keine juvenilen $ mehr erscheinen, muss die Kurve absteigen bis zum Moment, wo auch ab Dezember keine jungen © mehr nachrücken. Damit ist der normale Prozentsatz von 50% erreicht.

Zu Beginn des neuen Jahres sind demnach 2 Generationen, ungefähr gleichmässig verteilt, nebeneinander zu finden.

Wie schon früher gezeigt worden ist (BapER 1938), kann der blind-endende Mitteldarm die Rückstände der Verdauung nicht ins Freie ausstossen. Die dunkel gefärbten, unverdaulichen Abbau- produkte sammeln sich mit der Zeit in den Darmzellen an; das Tier wird immer dunkler. Auf Grund dieser Erkenntnis können im

GESTORTE GESCHLECHTSVERHALTNIS BEI HYDRACARINEN 269

Januar die beiden Generationen voneinander unterschieden werden. Die älteren Tiere sind intensiv dunkel gefärbt, die jungen sind von diesen durch ihre hellbraune Farbe zu unterscheiden. Vom Januar an nehmen die dunklen ¢ in ihrer Anzahl ab, im März sind sie ver- schwunden. Daher muss die Kurve der 3 auf ca. die Hälfte des Bestandes, also auf ca. 25% fallen. Vom März an werden auch die dunklen © seltener, im Mai sind sie nicht mehr nachweisbar. Das Geschlechtsverhältnis der „jungen“ Generation ist nun wieder

5 Al MU

ABB. 2. Verteilungskurven im Mai.

Sperchon glandulosus, Ty A ASA

Ny AOC ©

normal, wird aber durch das Auftreten der nächsten Generation wieder gestört. Das Schwanken der Geschlechtskurve kann also bei Sperchon glandulosus durch das Nebeneinander von 2 Generationen und das verspätete Erscheinen der © erklärt werden. Ob diese Erklärung für sämtliche bachbewohnenden Wassermilben gilt, ist im Moment durchaus ungewiss. Auf keinen Fall kann das 5-prozen- tige Auftreten der 3 von Feltria setigera im Nationalpark (Juli- fänge) auf diese Weise gedeutet werden.

Gegen Ende des Jahres können im Körperinnern der hellen juvenilen © die ersten vereinzelten Eier festgestellt werden, und bald darauf finden sich auch die Eipakete an den Moosbüscheln. Das Auftreten der reifen Eier ist also mit der Eiablage identisch. Im Mai tragen nahezu alle 9 im Innern eine gewisse Anzahl von reifen Eiern (1—17 Stück), die Kurve der eiertragenden © erreicht im Mai mit 86% ihr Optimum, um dann bis zum September auf

270 C. BADER

den Nullpunkt abzuklingen. Aus den Eiern schlüpfen nach einigen Tagen die sechsbeinigen Larven, über deren Entwicklung bis jetzt nur sehr wenig bekannt geworden ist. Immerhin ist anzunehmen, dass das von WALTER aufgestellte Schema mit 9 Entwicklungs- stadien auch bei der vorliegenden Art Gültigkeit hat. Aus den wahrscheinlich parasitierenden Larven entstehen nach einer ge- wissen Zeit die 8-beinigen Nymphen. Diese fehlen in dem zur Unter- suchung gelangten Material in den Monaten August und September,

! AN MT A en: SOL

i DI = a 40% I DER

ABB. 3 Sperchon glandulosus, Entwicklungsschema. Eiertragende 9 —-—-—-- NV », 6 ,2----.

nehmen aber dann an Zahl und Grösse rasch zu und sind vor allem in den Wintermonaten häufig. Die Nymphenkurve erreicht ihr Optimum im März, so dass aus dieser Tatsache entnommen werden kann, dass die erste Phase der Entwicklung Ei Nymphe im Durchschnitt 10 Monate beansprucht.

Über die Lebensdauer der Nymphen kann mit Sicherheit nur so viel ausgesagt werden, dass diese Tiere höchstens 10 Monate, im Durchschnitt aber nur 6 Monate alt werden. Die beiden letzten Ruhestadien vor der Imago, die des Teleiochrysallis- und des Teleiophan-Stadiums, beanspruchen nach meinen Beobachtungen nicht mehr als 4 Wochen; sie finden sich in den Monaten April bis November und führen zu den erwachsenen Tieren. Von diesen erscheinen ab Mai die juvenilen 3, 2 Monate später die juvenilen 9. Die Gründe dieser Verschiebung sind zur Zeit noch unbekannt.

Weiter geht aus dem vorliegenden Untersuchungsmaterial her- vor, dass die im Spätsommer geschlüpften © schon ab Dezember

GESTORTE GESCHLECHTSVERHALTNIS BEI HYDRACARINEN DIA

geschlechtsreif werden und bis spät in den nächsten Sommer zur Eiablage gelangen. Am Anfang des darauffolgenden Jahres beginnt das Absterben dieser Generation, und zwar sind es eben die 4, die zuerst verschwinden, gefolgt, mit einer zweimonatigen Ver- spätung, von den 9.

In Abb. 3 sind meine vorläufigen Befunde in einer graphischen Darstellung entwickelt worden: im ersten Jahre erfolgt die Ei- ablage, im zweiten Jahre häufen sich die Nymphen, aus denen sich im gleichen Jahr die juvenilen Imagines entwickeln. Im dritten Jahre schreiten die Tiere zur Fortpflanzung und sterben zu Beginn des vierten Jahres ab. Mit Absicht ist das Nebeneinander der beiden Generationen nicht dargestellt worden, doch dürfte es nicht schwer fallen, sich die beiden Generationen in Form von über- einander liegenden Bändern vorzustellen.

Mit dieser Untersuchung kann zum ersten Male über die Ent- wicklung bachbewohnender Wassermilben eine präzise Angabe ge- macht werden. Von der Eiablage bis zum Tode verstreichen bei Sperchon glandulosus ziemlich genau drei Jahre, eine Feststellung, die zunächst nur für einen Gebirgsbach in 1000 m Höhe silt. Es ist klar, dass nur durch die gründliche Erforschung weiterer Bäche sowohl im Hochgebirge als auch im Flachland noch viele andere Probleme der Hydracarinen einer Lösung nahe gebracht werden können.

LITERATUR

Baper, C. 1938. Beitrag zur Kenntnis der Verdauungsvorgänge bei Hydracarinen. Rev. suisse Zool. 45, 721-806.

LunpBLAD, O. 1956. Zur Kenntnis süd- und mitteleuropdischer Hydrach- nellen. Arkiv för Zoologie. 10, 1-306.

WALTER, C. 1915. Notizen über die Entwicklung torrentikoler Hydra- carınen. Zool. Anz. XLV, 442-456.

272 H. BURLA UND M. GREUTER

11. H. Burla und M. Greuter, Zürich. Vergleich des Migrationsverhaltens von Drosophila subobscura und Drosophila obscura. (Mit 4 Textabbildungen.)

Aus dem zoologisch-vergl. anatomischen Institut der Universität Zürich.

Drosophila subobscura und obscura sind die zwei häufigsten Arten der obscura-Gruppe in der Schweiz. Bei Drosophilafängen (1, und unveröffentlichte Ergebnisse) zeigt es sich immer wieder, dass sich die zwei Arten unterschiedlich über die Biotope Wald und Feld verteilen. D. obscura tritt fast ausschliesslich im Waldinnern und am Waldrand auf, seltener bei freistehenden Gehölzen. Bei anhaltender Trockenheit begegnet man ihr fast nur noch an feuchte- ren Stellen des Waldinnern. D. subobscura dagegen hat ihr Dichte- maximum am Waldrand und findet sich selbst bei trockener Witterung in der Nähe freistehender Büsche und Bäume, zum Beispiel unter Obstbäumen. Bei ökologischen Beobachtungen in Westeuropa (2) wurde D. subobscura morgens und abends auf Ködern festgestellt, die bis 100 m vom Waldrand entfernt in einer Wiese ausgelegt waren. Alle diese Beobachtungen lassen darauf schliessen, dass D. subobscura vom Waldrand aus ins Freiland migriert, periodisch je morgens und abends, während D. obscura in ihrem Vorkommen an die Wälder gebunden ist.

In der vorliegenden Arbeit wird über Experimente berichtet, die diese unterschiedlichen Befunde nachprüfen sollen. Es handelte sich darum, festzustellen, ob bei Freilassungsversuchen markierter Fliegen D. subobscura mit grösserer Leichtigkeit ins Freiland migriert als D. obscura.

Eine solche unterschiedliche Biotopwahl wäre wohl imstande, sich auf die Intensität der Rassenbildung auszuwirken. Im zentral- und westeuropäischen Gebiet ist der Wald stark gelichtet und auf isolierte Parzellen beschränkt. Drosophila obscura würde daher, dank ihrer Bindung an den Wald, in zahlreiche isolierte Popula- tionen aufgesplittert sein, und die Unterschiede zwischen den Isola- ten dürften sich im Lauf der Zeit erhöhen, während bei D. sub- obscura die Isolate dauernd durch Migration über das freie Feld

VERGLEICH DES MIGRATIONSVERHALTENS 273

aufgebrochen wiirden, was eine Rassenbildung verlangsamte. Damit stehen diese Migrationsexperimente in Zusammenhang mit ver- gleichenden Untersuchungen über die Intensität der Rassenbildung bei den beiden Drosophila-Arten.

METHODE

Beide Arten wurden in Massen bei einer Zimmertemperatur von 20—22° C gezüchtet. Die Fliegen wurden 1—24 h vor dem Aussetzen mit Rotor Brilliant-R, einem roten Fettfarbstoff (3), in Narkose trocken bestäubt. Der Farbstoff hielt sich mehrere Tage auf der Fliegencuticula, vor allem im Rüsselpolster, an der Flügelbasis und an den Beingelenken. Bepuderte Tiere, die täglich auf frisches Futter umgesetzt wurden, behielten den Farbstoff in erkennbaren Spuren mehr als 10 Tage lang bei. Der Farbstoff konnte beim narkotisierten Tier leicht im auffallenden Licht bei einer Vergrösserung von 30 x festgestellt werden. Im Zweifels- fall wurden Fliegen auf einem Fliesspapier mit einem Tropfen Azeton benetzt. Die allenfalls vorhandene Farbe wurde hierbei ausgewaschen und bildete auf dem Papier einen roten Fleck.

Die Anzahlen freizulassender Tiere wurden geschätzt auf Grund einer Stichprobe, die ca. ! aller Zuchtflaschen umfasste. Als Köder für das Wiedereinfangen dienten ausschliesslich zerdrückte Bananen, die mit Hefe und Zucker versetzt und 2—3 Tage der Gärung überlassen wurden. Jeder Köder enthielt etwa 1, kg dieser Masse, ausgebreitet auf einem weissen Kartonteller. Die Köder wurden während der ganzen Zeit des Versuchs, also 2—4 Tage lang, im Freien belassen und bei Bedarf ergänzt. Das Fangfeld wurde mit Messband und Kompass aus- gemessen. An den Fängen beteiligten sich 2—6 Personen. In jeder Fang- periode (Morgen oder Abend) wurden alle Köder 3—4 mal mit Streif- netz abgesammelt, wobei die Fänger ihre Plätze vertauschten.

STREIFENVERSUCH

Am 26.7.58 morgens um 6 Uhr wurden je ca. 10 000 D. sub- obscura und D. obscura an einem Waldrand bei Nänikon freigelassen. Am Abend vorher waren vier parallele Köderstreifen senkrecht zum Waldrand ausgelegt worden, als Kontrollstreifen zudem eine Köderlinie längs des Waldrandes. Die ersten 10 Köder von Zentrum (= Freilassungspunkt) aus hatten 10 m Abstand voneinander, die nächsten 5 je 20 m. Die Anordnung ist in Abb. 1 dargestellt. Gesammelt wurde am gleichen Morgen eine Stunde nach dem Aus- setzen, sowie am Abend und ferner am folgenden Tag nochmals je am Morgen und am Abend.

REV. SUISSE DE ZooL., T. 66, 1959. 19

274 H. BURLA UND M. GREUTER

Fiir jeden der vier Streifen A—D und gesondert fiir die beiden Drosophila-Arten sind die Anzahlen wiedereingefangener, markierter Fliegen in Abb. 2 wiedergegeben. Insgesamt wurden (einschliesslich Waldrand) 842 Individuen von D. subobscura (8%) und 725 Indi- viduen von D. obscura (7%) wieder eingefangen. Gleichzeitig wurden

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GETREIDE Re:

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WIESE

Anordnung der Köder (Kreise) in vier parallele, senkrecht zum Watarand verlaufende Linien A bis D im ,,Streifenversuch*. Im ‚‚Zentrum“ wurden die markierten Fliegen ausgesetzt.

881 unmarkierte D. subobscura und 344 unmarkierte D. obscura gefangen, was hinlänglich beweist, dass das Fanggelände dem natürlichen Biotop dieser Arten entspricht. Die Abbildung zeigt deutlich, dass D. subobscura längs der drei Streifen B—D mit etwa gleicher Leichtigkeit in den Wald hinein wie aufs freie Feld hinaus migriert. Dagegen ist D. obscura durchwegs auf den Waldködern häufiger als im Feld. Um dieses unterschiedliche Migrationsver- halten objektiv zu beurteilen, wurde je Art, Reihe und Biotop (Wald oder Feld) die durchschnittliche Distanz vom Waldrand aus berechnet nach der Formel

VERGLEICH DES MIGRATIONSVERHALTENS

m NI (SA

D. SUBOBSCURA D. OBSCURA

Arm A 10 Feldseite

Waklserte

ABB. 2.

Die Haufigkeits-Histogramme zeigen die Anzahl wiedereingefangener markierter Fliegen, getrennt für die Arme A bis D und die zwei Arten D. subobscura (linke Kolonne) und D. obscura (rechte Kolonne). Abszissenwerte in Metern, vom Aussetzungspunkt (Waldrand) aus gemessen.

In dieser Formel bedeutet r die Distanz in Metern vom Waldrand aus, h die Anzahl gefangener markierter Fliegen je r, und n die

276 H. BURLA UND M. GREUTER

Gesamtzahl aller gefangener markierter Fliegen je Streifen. Der mittlere Fehler der durchschnittlichen Distanz ist dann

au Xr?h SET Von Diese Masszahlen sowie die t-Werte für den Vergleich Wald- Feld je Reihe und Art finden sich in Tab. 1.

TABELLE 1.

Durchschnittliche Distanzen in Metern, die von D. subobscura (sub) und D. obscura (ob) vom Waldrand aus ın die Biotope Feld und Wald hinein zurückgelegt wurden, gesondert für die Streifen A—D.

A B (6; D sub ob sub ob sub ob sub ob Weld 223268 17270 717219 8322 19839122792 25,06 9,13 Wald . . | 41,65/36,63 | 20,33| 31,32 15,66 12,33 23,15 24,31 I-NVICL Gna 1,43| 2,095) 0588) 3.775741) 0553) 5:01 73725 099252 Freiheitsgrade| 145 | 104 | 223 137 216 231 192 170

Bei D. subobscura ergibt sich ein gesichertes t nur für die Reihe D, und zwar sind bei D die Fliegen haufiger im Feld als im Wald. Bei D. obscura sind die mittleren zuriickgelegten Distanzen bei allen vier Reihen im Wald gesichert grösser als im Feld. Damit ist erwiesen, dass sich in diesem Versuch die beiden Arten in ihrem Migrations- verhalten unterscheiden.

SCHACHBRETTVERSUCH

Am 30.7 abends um fünf Uhr wurden abermals je etwa 10 000 Individuen von D. obscura und subobscura an einem Waldrand bei Gutenswil (Chäsberg, Nänikerhard) freigelassen. Unmittelbar vorher wurden die Köder in schachbrettartiger Anordnung mit einem gegenseitigen Abstand von sieben Metern ausgelegt, wobei das Köderfeld durch den Waldrand ungefähr halbiert wurde. Die Anordnung ist in Abb. 3 dargestellt. Der erste Fang fand eine

VERGLEICH DES MIGRATIONSVERHALTENS 277

GE TREIDE

..

o . © 290 0nn 00.

Anordnune der Köder (Kreise) im ,,Schachbrettversuch“. Die Fliegen wurden = © cc = ausgesetzt im ,,Zentrum“.

D. SUBOBSCURA

ABB. A.

Anzahlen wiedereingefangener Individuen von D. subobscura (links) und D. obscura (rechts) im Schachbrettversuch. Jeder Punkt steht für eine Fliege.

278 H. BURLA UND M. GREUTER

Stunde nach dem Aussetzen statt, weitere Fänge wurden an den beiden folgenden Tagen je morgens und abends sowie mit einem Tag Unterbruch nochmals an einem weiteren Abend durchgeführt.

Die gesamten Fangergebnisse, gesondert für die beiden Arten, sind in Abb. 4 dargestellt, wobei jeder Punkt für eine Fliege steht. Insgesamt wurden bei D. subobscura 1622 (16%) und bei D. obscura 1159 (11%) der markierten Fliegen wieder eingefangen. Die Zahlen für gleichzeitig gefangene unmarkierte Fliegen betragen für D. sub- obscura 609 und für D. obscura 495. In Abb. 4 kommt wiederum zum Ausdruck, dass D. subobscura leichter und weiter ins freie Feld migriert als D. obscura. Für die statistische Beurteilung dieses Unterschieds wurden zunächst alle Köder mit dem gleichen Abstand zum Zentrum in Abstandsklassen zusammengefasst (Tab. 2).

"DABELLE 2.

Anzahlen wiedereingefangener markierter Fliegen im Schachbrettversuch, getrennt für die beiden Arten und für die beiden Biotope ,, Wald” und ,,Feld”. Köder mit gleichem Abstand vom Zentrum sind in ,,Abstandsklassen” vereinigt. Für jede Art und Abstandsklasse sind Wald- und Feldertrag verglichen und auf Grund einer 1:1 - Erwartung je ein x? berechnet.

Ab- Anzahl D. subobscura D. obscura stands- Köder Distanz klasse |je Klasse in m & Biotop Wald Feld x? Wald Feld x? 1 2 4,9 70 180 48,4 35 72 12,8 2 4 111 125 77 11,4 62 25 15,8 3 2 14,8 32 23 1,5 20 5 9 4 4 Ro A| 53 19,4 104 14 68,8 5 4 GE). | E gt | eR 60 4 49 6 6 24,7 (o VARI ISO) 7,6 95 17 54 7 4 26,7 GANT 1322 38 6 23,2 8 A 30.4 | 140 | 21 61 94 3 85 9 4 34,7 930 24 3 44 8 25 10 2 339. MD 1,15, SN 24 7 9,4 11 2 34,7 Be 760199 36 1 33 12 2 36,1 37 | 9 17 30 3 22 150 | 292 239,3 48 871772836 40 1 2709, |

Fiir jede Abstandsklasse wurde erwartet, dass die Wald- und Feldkòder gleiche Anzahlen von Fliegen aufwiesen. Die Ab- weichungen zwischen dieser Erwartung und den Befunden ergaben die in Tab. 2 verzeichneten Chi-Quadrate. Die erste Abstands-

VERGLEICH DES MIGRATIONSVERHALTENS 279

klasse gibt atypische Resultate; die betreffenden Köder legen offenbar zu nah am Aussetzungspunkt. Für alle übrigen Abstands- klassen sind für beide Arten die Waldköder ergiebiger als die Feldköder. Jedoch sind die Chi-Quadrate für D. obscura durchwegs höher als für D. subobscura. Damit zeigt auch dieser Versuch, dass D. subobscura leichter über freies Feld migriert als D. obscura.

ZUSAMMENFASSUNG

In zwei Versuchen wurden markierte Individuen von Drosophila obscura und subobscura an Waldrandern ausgesetzt und ein Teil von ihnen über geeignet ausgelegten Ködern wieder eingefangen. Hierbei bestätigte sich die Erwartung, dass D. subobscura mit grösserer Häufigkeit ins freie Feld hinaus migriert als D. obscura.

Das Wiedereinfangen der markierten Fliegen war eine Gemein- schaftsarbeit, bei der folgende Kolleginnen und Kollegen freundlich und aufopfernd mithalfen: P. Auf der Maur, Frl. Z. Blankart, A. Bol- linger, D. Buck, Frl. M. Gandolla, W. Götz, Frl. A. Haemmerli, Frl. S. Luchsinger, R. Nöthiger und M. Schnitter. Den Herren Prof. A. Linder, Genf, und Dr. A. Kälin, Zürich, danken wir für Beistand in statistischen Fragen.

LITERATUR

Burra, H. 1951. Systematik, Verbreitung und Oekologie der Drosophila- Arten der Schweiz. Rev. Suisse de Zool., 58: 23—175.

Haporn, E., H. Burta, H. GLoor und F. Ernst. 1952. Beitrag zur Kenntnis der Drosophila-Fauna von Südwest-Europa. Ztschr. f. indukt. Abstammungs- u. Vererbungslehre 84: 133—163.

MacLeop, John und Joseph DonneELLY, 1957. Individual and group markıng methods for fly population studies. Bull. of Entom. Res. 48: 585—592.

280 P. S. CHEN

No 12. P. S. Chen, Zürich. Trennung der Blut- proteine von Drosophila- und Culex-Larven mittels Stärke-Gel-Elektrophorese !. (Mit 4 Textabbildungen.)

Aus dem zoologisch-vergl.-anatomischen Institut der Universität Zürich.

Frühere Untersuchungen am Eiweisstoffwechsel von Drosophila melanogaster zeigten, dass die Blutkonzentration der freien Amino- säuren im Verlaufe der Larvalentwicklung absinkt (HADoRN und STUMM-ZOLLINGER 1953, CHEN und Haporx 1954), während der Gehalt an Hämolympheproteinen sukzessiv zunimmt (CHEN 1956). Bei der Mutante letal-translucida konnte festgestellt werden, dass der ltr-Faktor sich störend im Eiweisstoffwechsel auswirkt: das Blut der lir-Homozygoten ist im Vergleich zu gleichalterigen Nor- malen viel reicher an Aminosäuren (HApoRN und MiTcHELL 1951, Haporn und STUMM-ZOLLINGER 1953, STUMM-ZOLLIGER 1954) und eindeutig ärmer an Proteinen (CHEN 1956).

Bei den Stechmücken-Larven (Culex pipiens und C. fatigans) ist ebenfalls em Anstieg der Blutproteine mit zunehmendem Ent- wicklungsalter feststellbar (CHEN 1959). Ihr Gehalt an freien Aminosäuren bleibt aber im Gegensatz zu Drosophila-Larven nahezu konstant. Die vorläufige biochemische Analyse der Mutante „mel“ von Culex pipiens ergab, dass die Totalkonzentration der Ninhydrin- positiven Substanzen in den letalen Larven bis auf etwa 70% des normalen Gehaltes herabgesetzt ist (Larven und CHEN 1956). Dies bedeutet, dass der mel-Faktor ebenfalls störend in den Eiweiss- stoffwechsel eingreift.

Bei den bisherigen Untersuchungen der Blutproteine wurde stets die Papierelektrophorese angewandt. Dabei wurden zwei Eiweissfraktionen bei Drosophila-Larven nachgewiesen: die B- Fraktion wandert bei pH 8,6 langsamer anodenwärts und kommt in viel konzentrierterer Form vor als die A-Fraktion (WUNDERLY

! Ausgeführt und herausgegeben mit Unterstützung durch die Karl- Hescheler-Stiftung und den Schweizerischen Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung. Herzlichen Dank schulde ich Herrn Prof. Dr. E. Haporn für die Anregungen zu dieser Arbeit.

TRENNUNG DER BLUTPROTEINE 281

und GLoor 1953, CHEN 1956). Bei den Culexlarven wurde nur eine Fraktion registriert (CHEN 1959). Nach ihrer Wanderungsgesch- windigkeit und ihrem isoelektrischen Punkt (IEP) scheint diese Fraktion mit der B-Fraktion von Drosophila identisch zu sein. Im Hinblick auf die entwicklungsphysiologische Deutung des Proteinstoffwechsels und die biochemische Auswirkung der Muta- tionen, erscheint es wünschenswert, die Blutproteine beider Insek- tengruppen mit einem weiteren speziellen Verfahren zu isolieren und die aufgetrennten Fraktionen möglichst genau zu identifizieren.

SMITHIES (1955 a) hat zum ersten Mal die Stärkegel-Elektro- phorese für die Trennung der Proteine im Blutserum eingeführt. Dabei wurden neben dem Albumin und den Globulinen noch andere bisher unbekannte Fraktionen entdeckt (SmitHIES 1955 b; SMITHIES und WALKER 1955, 1956; SmirHies und Pourık 1956). Hunter und MARKERT (1957) kombinierten diese Methode mit histochemischer Technik, um verschiedene Fermente im Gewebe- homogenat aufzutrennen und nachzuweisen. Mit Hilfe der Stärkegel- Elektrophorese isolierte DENUCÉ (1957, 1958) eine Anzahl von Ei- weisskomponenten im Blut von Galleria mellonella, Macrothylacia rubi, Bombyx mori und Dytiscus marginalis. Neuerdings benutzten Fine und Burstein (1959) diese Technik, um Lipoproteine im Blutserum nachzuweisen. Die Stärkegel-Elektrophorese zeichnet sich durch ihre geringe Adsorption und ihr grosses Auflösungs- vermögen aus. Im folgenden geben wir einige vorläufige Ergebnisse über die Trennung der Blutproteine von Drosophila- und Culex- Larven mittels dieser Methode an.

MATERIAL UND METHODE

Als Versuchsmaterial dienten 72- und 96- stündige +/+- und lir/ltr- Larven von Drosophila melanogaster. Untersucht wurden ferner die verpuppungsreifen Larven von Culex pipiens (autogene Form). Die Zuchttechnik dieser Larventypen wurde bereits in früheren Arbeiten beschrieben (siehe CHEN 1956, 1959).

Die als Trägermedium verwendete Kartoffelstärke wurde zuerst im Azeton mit Zugabe von konzentrierter Salzsäure bei 37°C während einer Stunde und 15 Minuten hydrolysiert (siehe Smirnıes 1955 b und C. L. MarkERT *). Nach dem Neutralisieren mit 1 M Natriumazetat wurde die Stärke filtriert, mit